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Astronomische Erklärung
Sonnenwenden sind genau die Zeitpunkte, an denen die Sonne senkrecht über dem jeweiligen Wendekreis (23,4° nördlicher oder südlicher Breite) steht. Astronomisch nicht präzise werden diese Breitenkreise im Volksmund nach den Sternzeichen Krebs und Steinbock benannt.
Im Moment der Wende ist der Abstand der Sonne zum Himmelsäquator und der jeweils anderen Erdhalbkugel am größten. Wenn die Sonnenbahn ihre größte nördliche Deklination erreicht, herrscht auf der Nordhalbkugel der längste Tag und die Sonne steht auf ihrem höchsten Stand über dem Horizont. Es ist Sommersonnenwende. Umgekehrt erreicht die Sonne zur Wintersonnenwende den tiefsten Stand über dem Horizont und es herrscht die längste Nacht des Jahres. Das Verhältnis der Sonne zum Horizont wird am deutlichsten beim Überqueren der Polarkreise (66,56° nördlicher und südlicher Breite). Je näher am Pol sich ein Ort befindet, desto länger herrschen dort die Polarnacht und der Polartag.
Sowohl die Griechen als auch die Römer bezeichneten die Sonnenwenden als „Sonnenstillstand“. Das lateinische Solstitium ist heute noch als Bezeichnung gebräuchlich.
Kalendarische Einordnung
Die Sonnenwenden kennzeichnen den Beginn des kalendarischen Sommers und Winters. Regelmäßig am 21. Juni beginnt auf der Nordhalbkugel der Sommer. Winterbeginn ist hier der 21. oder 22. Dezember. Die Verschiebung der Wintersonnenwende um einen Tag liegt daran, dass auch Schaltjahre nur grob die Asymmetrie von etwas längerem Sonnenjahr zum Kalenderjahr ausgleichen.
Gegenüber dem heute gültigen Gregorianischen Kalender sind sowohl Sommer- als auch Wintersonnwendfeiern verschoben. Ihre Daten gehen auf den Julianischen Kalender zurück. In ihm fiel die Wintersonnenwende genau auf den 25. Dezember, die Sommersonnenwende auf den 25. Juni.
Religiöse und kulturelle Bedeutung
Während der Frühzeit bis ins Mittelalter waren die Sonnenwenden Orientierungspunkte für die Saat- und Erntezeit. Ihre Festlegung beruhte auf Beobachtungen der Sonnenauf- und ‑untergänge. Die heute als pseudo-religiöse Sonnenkulte beliebten Sonnwendfeste haben ihre Wurzeln in keltischen, germanischen und slawischen Religionen. Eine verbreitete These sagt, dass die Sonnenwenden aufgrund der extremeren Klimaverhältnisse in den nördlicheren Kulturen eine größere Bedeutung haben als im Süden der Nordhalbkugel.
Das Mittsommerfest vermischte sich im Laufe der Christianisierung mit dem Ehrentag für den Täufer Johannes. Die in einigen Regionen beliebten Johannisfeuer haben ihren Ursprung in keltischen Riten. Das Feuer als Symbol für die Sonne segnete das fruchtbare Land und hielt die bösen Geister von der anstehenden Ernte fern. Weil es der Römischen Kirche die Bekehrung erleichterte, wurden im Zuge der Christianisierung die alten Bräuche umgedeutet. Das gilt sowohl für den Mittsommer als auch für die Wintersonnenwende und Weihnachten.
Die Wintersonnenwende war bei den Kelten das Fest Alban Arthuan. Es fand in der sogenannten Mutternacht statt. In ihr kam dem Glauben nach das Sonnenkind zur Welt, und Licht und Leben kehrten zurück. Bis heute ist die unchristliche Herkunft in weihnachtlichen Symbolen zu erkennen: die Betonung des wiederkehrenden Lichts in der Festbeleuchtung, die Verwendung immergrüner Zweige als Zeichen des wiederkehrenden Neubeginns oder die Mistel als Symbol der Fruchtbarkeit.
Sonnenwende in Mythologie und Literatur
In der Kunst spielen die Sonnenwenden immer wieder eine Nebenrolle. In der Nibelungensage wird Siegfried am Tag der Sommersonnenwende von Hagen ermordet. Dichter wie Ludwig Uhland oder Peter Rosegger haben der Sonnenwende Gedichte gewidmet. Auch William Shakespeares Sommernachtstraum beschreibt die Geschehnisse einer Sommersonnenwende. Zu dieser Geschichte passt, was Jakob Grimm in der Schrift „Deutsche Mythologie“ (1835) notiert: „wer eines montags drei stunden nach sonnenaufgang zur zeit der sommernachtgleiche geboren ist, kann mit geistern umgehen.“